Weil Sonderrechte für ausländische Investoren das entscheidende Problem in Freihandelsabkommen sind, und zwar sowohl in den geplanten Abkommen CETA, TTIP, TISA, als auch in den schon bestehenden 129 Freihandelsverträgen, in denen die Bundesrepublik Deutschland Partei ist.
Man sollte meine Petition eher als wesentliche Ergänzung und Unterstützung dieser Petitionen sehen. Sie ist eingeschränkter, weil sie sich nur gegen die zutiefst demokratiefeindlichen Sonderrechte für ausländische Investoren richtet. Andererseits ist sie aber auch weitergehender, weil sie diese Sonderrechte nicht nur in den zukünftigen sondern auch in den vielen bereits bestehenden Freihandelsabkommen beseitigen möchte.
Vor allem ist es das Recht, unseren Staat auf Schadensersatz zu verklagen, sofern politische Entscheidungen die erwarteten Gewinne einer Investition verringern. Und zwar nicht nur bei den zuständigen Gerichten im Land, welche sich ja nach den lokalen Gesetzen zu richten haben und bei denen der Rechtsweg auch deutschen Investoren und Bürgern zugänglich ist, sondern zusätzlich bei außerstaatlichen Schiedsstellen, bei denen sehr unklar ist, nach welchem Recht sie urteilen. Klar ist eigentlich nur, dass sie das Eigentum des Investors so gut wie möglich absichern sollen.
Diese Meinung wird tatsächlich von vielen Seiten vertreten, zum Beispiel von verschiedenen Juristen- und Menschenrechtsverbänden, vom wissenschaftlichen Dienst des deutschen Bundestags und auch unserer ehemaligen Bundesjustizministerin Frau Dr. Hertha Däubler-Gmelin. Besonders wichtig ist mir persönlich auch die Position des Unabhängigen Experten der Vereinten Nationen, welcher den aktuellen Investitionsschutz generell im Konflikt mit den Menschenrechten sieht.
Es kann daher sein, dass diese Sonderrechte irgendwann durch Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht, dem Europäischen Gerichtshof, oder sogar vor dem Internationalen Gerichtshof zu Fall gebracht werden. Der Klageweg vor dem Bundesverfassungsgericht wird auch schon begangen: Erstens gibt es die Verfassungsklage gegen CETA von Marianne Grimmenstein, der sich bereits mehr als 50000 Personen angeschlossen haben. Zweitens gibt es seit kurzem eine weitere Klage der Organisationen Campact, Mehr Demokratie und Foodwatch gegen CETA.
Allerdings ist der Klageweg aufwändig und kann sehr lange dauern, insbesondere falls die Klagen vom Bundesverfassungsgericht an den Europäischen Gerichtshof verwiesen werden sollten. Besser wäre es daher, wenn öffentlicher Druck oder eigene Einsicht unsere Regierung dazu bringt, ihre falsche Politik von sich aus möglichst bald zu beenden.
Tatsächlich gibt es in TTIP auch noch viele andere problematische Punkte, die aber meiner Meinung nach allesamt einfacher zu lösen wären.
Man muss sich wirklich klar machen, dass der „Investorenschutz” nicht einfach nur irgendein Punkt in diesen Freihandelsabkommen ist. Ich glaube vielmehr, dass es für die an CETA und TTIP besonders interessierten Gruppen (insbesondere internationale Investoren und multinationale Konzerne) der einzig entscheidende Punkt ist. Alle anderen Punkte sind Verhandlungsmasse.
Um dies zu verstehen, muss man die aktuelle Situation auf einer großen Skala betrachten. Vor allem im Laufe der letzten durch den Neoliberalismus geprägten Jahrzehnte hat eine starke Konzentration von Vermögen auf eine sehr kleine Schicht von Vermögenden stattgefunden. Deren Problem ist nun aber, dass ihre Vermögen im Zugriffsbereich von Staaten liegen, die ihrerseits eine Menge von Schulden angehäuft haben und daher natürlich in Versuchung sind, durch Zugriff auf die Vermögen in ihrem Lande einen Ausgleich zu schaffen. Ich glaube, dass der Investorenschutz eine Methode ist, um große Vermögen zu „internationalisieren” und dadurch dem zukünftigen Zugriff des jeweiligen Staats zu entziehen.
Das ist übrigens vollkommen unabhängig davon, ob dieser Staat Deutschland oder USA heißt.
Prinzipiell ist jeder von uns deutschen Bürgern und jedes deutsche Unternehmen nur im Rahmen der deutschen Gesetze vor Enteignung geschützt. Das ist auch die einzige Weise, in welcher ein Staat auf lange Sicht funktionieren kann: Erstens, weil bestehende Gesetze niemals vollkommen sind und daher manchmal zu Missständen führen, die korrigiert werden müssen, und zweitens, weil besondere Situationen, wie etwa die Bewältigung von Finanzkrisen oder die Aufnahme von Flüchtlingen, eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung erforderlich machen können. Ein wichtiges Beispiel für letzteres ist dabei das Lastenausgleichsgesetz von 1952, das eine Vermögensabgabe zur Unterstützung von durch den vorangegangenen Krieg besonders geschädigten Personen festlegte.
Durch den Investorenschutz wird das in Deutschland befindliche Vermögen ausländischer Investoren (und parallel dazu natürlich das Vermögen deutscher Investoren im Ausland) aus der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung entlassen. Dies ist nicht akzeptabel.
Außerdem ist mit Vermögen auch immer Macht verbunden, so dass unantastbares Vermögen gleichzeitig unantastbare und nicht vom Volk legitimierte Macht bedeutet. So etwas ist ganz offensichtlich Gift für unsere Demokratie, weswegen das Bild des trojanischen Pferds für den Investorenschutz angemessen ist.
Wenn ein Land ein extrem schlechtes Rechtssystem hat, sollte man dort als normaler Investor am besten gar nicht investieren! Solche Länder sind oft Diktaturen, sie befinden sich im Bürgerkrieg, oder ähnliches. In solchen Fällen sind höchstwahrscheinlich andere Maßnahmen viel nützlicher, wie z.B. der Stopp von Waffenlieferungen, humanitäre Hilfe, die Entsendung einer UNO-Schutztruppe, etc.
Man muss sich auch klar machen, dass Rechtssicherheit ein positiver Standortfaktor für jedes Land ist und es auch sein sollte. Alle Länder haben daher ein klares Eigeninteresse, ausländische Investoren nicht durch willkürliche Gesetze zu schikanieren. Sonderrechte scheinen mir hier in keiner Weise erforderlich zu sein. Im Gegenteil könnten sie global gesehen sogar schädlich sein, weil sie die Bedeutung eines funktionierenden Rechtssystems als Standortfaktor verwässern.
Und falls Deutschland selber ein Interesse hat, bestimmte Investitionen in Entwicklungsländern abzusichern, sollte es das auf eigene Kosten und nicht auf Kosten der Selbstbestimmung der Entwicklungsländer tun (z.B. durch Investitionsgarantien ohne die Voraussetzung eines vorliegenden Investorenschutzvertrags). Gerade in Entwicklungsländern ist nämlich relativ oft eine Korrektur fehlerhafter Entscheidungen notwendig, z.B. wenn ausländischen Investoren Lizenzen von einer korrupten Vorgängerregierung oder einem korrupten Beamtenapparat zugeteilt wurden.